„Who’s that man with the three piece suit? Makin‘ a doll with a log and fruit – Who’s that man with the eight strong legs? – Tried to make me breakfast but he broke my eggs – Octodaaaaaaad – nobody suspects a thing!“
Gestatten: Octodad! Seines Zeichens liebevoller Familienvater von zwei putzigen Kindern, Tommy und Stacey, und nicht zuletzt hingebungsvoller Ehemann mit allem was so dazugehört – von den acht Tentakeln und der schleimigen, gelblichen Haut mal abgesehen. Was, habe ich gerade irgendetwas von Tentakeln und Schleim gehört? Sind sie, Herr Octodad, etwa ein Oktopus?
„Je nach Spieleranzahl steuern Spieler nur eine der vier Gliedmaßen, während etwaige Mitspieler die anderen Körperteile übernehmen. Das ultimative Chaos ist hier vorprogrammiert, einfache Aufgaben wie Rasenmähen im Familien-Garten sind schier unmöglich.“
Bgrglbgrlrbgrl – Octodad würde sicherlich mit solchen oder solch ähnlichen Lauten vehement abstreiten, dass irgendjemand irgendwas in Richtung „Seekreatur“ andeuten möchte. Denn auch wenn sich Octodad einer etwas wirren, recht unverständlichen Sprache bedient und sich durchaus seltsam fortbewegt, ist er dennoch ein ganz normaler Homo sapiens. Nun ja, das denken zumindest die Menschen in der Nachbarschaft. Wir als Spieler wissen natürlich: Der namensgebende Octodad ist ein handelsüblicher Kraken. Und wir müssen also die Kontrolle dieser äußerst ulkigen Meeres-Kreatur übernehmen, die sich scheinbar als Mensch und vorbildlicher Familienvater ausgibt. Ja, Octodad: Dadliest Catch ist total bescheuert, aber auf ganz positive Weise. Dabei handelt es bei dem kleinen Indie-Spiel nicht nur um ein ehemaliges Studentenprojekt des Entwicklerstudios Young Horses Inc., sondern auch bereits um den zweiten Teil des Oktopus-Vaters. Der Vorgänger ist im Jahr 2010 noch als Freeware-Game veröffentlicht worden. Seitdem hat sich allerdings einiges getan und Young Horses Inc. hat fleißig am Spielgefühl und der Steuerung von Octodad: Dadliest Catch gearbeitet. Doch Vorsicht ist geboten: Immer noch ist es eine scheinbare Unmöglichkeit den väterlichen Helden des Indie-Spiels durch die Tücken des Alltags zu bewegen. Wir beginnen das Spiel mit dem für viele Menschen wohl wichtigsten Tag im individuellen Leben: der Hochzeit. Die Kirchen-Glocken leuten, Freunde und Verwandte sitzen erwartungsvollen Gesichtern in schicker, förmlichen Tracht auf ihren Holzbänken und die Braut… die wartet auf ihren Bräutigam. Octodad ist zu spät! Nachdem er sich eine recht fadenscheinige Identität als menschlicher Familienvater aufbaute, will er sich nun vor dem heiligen Kirchenaltar trauen lassen – na wenn das mal gut geht…
Doch von diesem Moment trennt ihn der Weg durch verwinkelte Gänge, bestückt mit vermeintlich gefährlichen Gegenständen: Hochzeitsgeschenke, Türen und Tische. Für Octodad ist die einfache Fortbewegen mit seinigen zappelig-wabbelnden Tentakeln durch solch ein für ihn weltfremdes Terrain kein Leichtes – immerhin ist er doch nur ein Oktopus. Und genauso wabbelig und ungenau ist auch die Steuerung für den Spieler. Mit viel Feingefühl muss jedes Gliedmaß, jeder Tentakel gelenkt und gesteuert werden. Mit dem linken Stick des PlayStation 4-Controllers bewegt man dabei den gelben Greifarm vor und zurück, mit dem rechten Stick bewegt man des Octodads Arm in die gewählten Richtungen.
Zusätzlich hebt man mit den beiden Schultertasten L2 und R2 die schleimigen Bein-Tentakel vom Boden. Doch das ist noch nicht alles: Mithilfe der Saugnäpfe des Protagonisten kann man allerlei Gegenstände aufheben und durch die Gegend schleudern. Sei es also eine Kaffeekanne, die unfreiwillig entleert wird, oder ein kompletter Rasenmäher, der durch die Luft wirbelt – Chaos entsteht in diesem Spiel immer wieder aufs neue, ganz zur Belustigung der Person hinter dem Controller, die schier wabbelig-verrückt wird und sich teilweise vor Lachen krümmt weil die einfachsten Dinge im Leben plötzlich zur Tortur werden. Die Steuerung ist wirklich klasse gelöst, fordert einiges ab – wodurch man sich sehr gut in die Rolle von Octodad hineinversetzen kann.
Doch Vorsicht ist dennoch geboten: Octodad will seine raffinierte Tarnung natürlich nicht auffliegen lassen und so sollte extrem tollpatschiges Herumhampeln, das sich jedoch äußerst selten vermeiden lässt, möglichst umgangen werden. Denn ein paar Saugnäpfe im Gesicht anderer „Mitmenschen“ füllt langsam aber stetig die Tintenanzeige und führt auch somit irgendwann auch zum unvermeidlichen Game-Over, sollte die Skala ihr Limit erreichen. Frust kommt in dieser Hinsicht jedoch nicht allzu schnell auf, dank großzügig verteilten Checkpoints und moderatem Schwierigkeitsgrad. Vielmehr verärgert manchmal die Tatsache, dass sich die Tentakeln des Mollusken ab und an in Wänden oder Gegenständen verzwirbeln und schwerlich wieder frei kommen. Ebenso ärgerlich: Die Action kommt etwas frickelig daher, wie zum Beispiel bei den etwaigen Verfolgungsjagd-Einlagen, in denen es gilt dem örtlichen Sushi-Chefkoch, der über die wahre Identität von Octodad Bescheid weiß, zu entkommen. Diese Momente können mitunter an den Nerven zerren, gehen aber im Hinblick auf das Spielkonzept noch in Ordnung – Herrgott, man steuert ja auch einen verdammten Oktopus, der sich versucht durch den alltäglichen Spießrutenlauf einen Familienvaters zu kämpfen. Das ist bedeutet einfach hirnlosen Spaß pur.
In grafischer Hinsicht ist das Spiel für ein kleines Indie-Kickstarter-Projekt eines jungen Entwicklerstudios anständig; das Spiel läuft zu jeder Zeit flüssig – egal wie viele Gegenstände gerade durch die Luft fliegen oder von Octodad unfreiwillig zerlegt werden. Die Musik ist, genau wie das Spiel, recht ulkig. Der Titelsong Octodad – No one suspects a thing aus den Federn von Ian McKinney ist eingängig und passt perfekt zum ausgefallenen Humors des Spiels. Der Soundtrack bietet dann im Großen und Ganzen vor allem lustige Fahrstuhldudelein, die schnell zum Ohrwurm heranwachsen können. Wir haben für Euch das Theme zum anhören mit eingebettet:
Einen Award kann sich Young Horses Inc. aber auf jeden Fall in der Kategorie „verrücktestes Spielkonzept“ der letzten Jahre sichern – denn so herrlich bescheuert ist ein Videospiel nur selten gewesen. Sehr cool ist dabei auch der eingebaute Koop-Modus von Octodad: Dadliest Catch: Je nach Spieleranzahl steuern Spieler nur eine der vier Gliedmaßen, während etwaige Mitspieler die anderen Körperteile übernehmen. Das ultimative Chaos ist hier vorprogrammiert, einfache Aufgaben wie Rasenmähen im Familien-Garten sind schier unmöglich. Der Koop-Modus sorgt somit für noch reichlich abgedrehteren Spaß und kann auch mal locker den ein oder anderen Zockerabend mit Freunden stemmen.
Octodad: Dadliest Catch ist einfach nur total verrückt und unsinnig. Und das ist auch gut so. Denn Game ist zwar sehr kurz (ca. 2 Stunden), bringt aber in dieser überschaubaren Zeit mit seiner Unsinnigkeit einen Heidenspaß. Lasst euch doch die Prämisse bloß mal auf der Zunge zergehen: Ihr steuert und helft einem Oktopus – der sich als Mensch ausgibt und ein Leben als gewöhnlicher Ehemann und Vater zweier Kinder führt – möglichst unauffällig den alltäglichsten Familienpflichten nachzugehen, um eben nicht als Meereskreatur aufzufliegen. Das Spiel kann ja bei solch einer Background-Story nur gut sein, oder?