#Bound – übersetzt bedeutet das zum einen: gefesselt. Zum anderen aber auch: verbunden. Verbundenheit bedeutet für manch einen Verpflichtung. Verpflichtung setzen viele jedoch mit Gefangenschaft gleich. Was ist aber alles Verpflichtung? Nun, Familie zum Beispiel. Quelle der Liebe und Geborgenheit. Für andere lästige Verpflichtung. Vielleicht auch eine Art Fessel. Genau hier setzt #Bound an.

„Es ist gerade diese Mischung aus ausdrucksstarkem Tanz, der sonderbaren Kulisse sowie der ergreifenden Geschichte und Musik, die Bound zu einem der interessantesten Titel des Jahres macht.“

#Bound ist vielmehr ein emotionales Erlebnis – ein Kunstspiel wenn man so will – als ein irgendein weiterer Indie-Plattformer. Das steht von der ersten Sekunde an fest. Die Prämisse wirkt auf den ersten Blick allerdings banal. Ein Monster zerstört die sonderbare Welt von #Bound . Die Prinzessin soll dieses Monster aufhalten. Der Befehl kommt von ganz oben. Von der Königin. Der Mutter.

Also macht sich die namenlose Prinzessin auf, dieses Monster zu stoppen, überwindet dabei Hindernisse, aller Gefahren zu trotz. Doch das tut sie nicht einfach springend, rollend und laufend. Nein, die Heldin tanzt sich ihren Weg durch die Welt von #Bound – ganz wie eine Ballerina. Pirouetten, Fouetté, und das ganze Repertoire an Tanztechniken wird einem geboten. Anmutig und ausdrucksstark wirkt das. Obwohl die Prinzessin ihr Gesicht hinter einer Art Maske versteckt, fühlt man in ihrem Tanz jegliche noch so zarte emotionalen Regung. Der Tanz wird zum Medium zwischen Spiel und Spieler und alles verschmilzt in einer Melange aus Emotion, Bewegung und Spielfluss. #Bound ist ein emotionaler Tanz der Liebe. Ein künstlerisch anmutendender Tanz der Verpflichtung. Ein Tanz, um sich von den Fesseln der Vergangenheit zu befreien und die eigenen Dämonen zu bezwingen. #Bound ist eine Allegorie. Eine bildliche Darstellung der Trennung einer vermeintlich intakten Familie und ihre Folgen. Das Monster muss besiegt werden, es gehört nicht in diese Welt. Denn ich bin Schuld, dass dieses Monster existiert. Ich bin Schuld, dass unsere Familie sich entzweite. Trage ich die Schuld? Warum bist du gegangen? Fragen, Schuldzuweisungen und die Suche nach Antworten, die Sche nach Erlösung, und Vergebung.

Auf eine recht abstrakte aber dennoch greifbaren Weise, erzählt Entwickler Plastic die Geschichte einer Tochter, einer Prinzessin und  Tänzerin, was in ihrer inneren Gefühlswelt vor sich geht. Unterstützt wird die Wirkung, welche diese Geschichte auf den Spieler ausübt, durch eine sorgsam konstruierten und kreativen Kulisse, das aus einem Meer von Würfeln, Pyramiden und anderen geometrischen Formen besteht. Prächtige Farben prallen auf weiß-schwarze Backdrops. Und jeder Schritt der Tänzerin werden durch die Harmonien von Oleg Shudeiko begleitet, der ein ergreifendes Konzert in allen sechs Leveln abliefert. Es ist gerade diese Mischung aus ausdrucksstarkem Tanz, der sonderbaren Kulisse sowie der ergreifenden Geschichte und Musik, die #Bound zu einem der interessantesten Titel des Jahres macht.

Es mag sein, dass eine echte Herausforderung bei #Bound fehlt. Denn Rätsel oder richtige Kämpfe gibt es nicht. Einzig der Tanz und ein paar Plattformer-Einlagen trägt das Geschehen voran. Genau hier spalten sich sicherlich einmal mehr die Geister: Wann ist ein Spiel ein Spiel? Wann ist ein Spiel Kunst? Emotionales Erleben gegen Spielbarkeit. Ersteres steht hier klar im Vordergrund. Das ist gut. Denn damit gewinnt #Bound an Bedeutung. Jedoch muss letztendlich jeder für sich selber entscheiden, ob er sich auf dieses Erlebnis einlässt.

 

 

#Bound ist eines der originellsten und damit auch mutigsten Spiele des Jahres. Gameplay gibt dem emotionalen Erleben einer Geschichte die Bühne frei. #Bound ist deshalb eine kurzweilige Choreografie der Gefühle geworden. Klar, spielerische Schwächen gibt es hier und da: Teils unpräzise Steuerung, keine wirkliche Herausforderung. Doch da es sich bei #Bound nicht um ein klassisches Game handelt, als vielmehr um interaktive Erzählkunst, wiegen diese Schwächen nicht schwer. #Bound fügt sich nahtlos in die Reihe meiner besonderen Spieleerfahrungen ein, zu der beispielsweise solch wertvolle Perlen wie #Journey gehören. Und das sagt, genau wie der Tanz der gesichtslosen Prinzessin, vielleicht mehr als tausend weiterer Worte.


GamesArt Wertungssystem

Autor: Matthias Kraut

Dieser Inhalt ist leider nicht verfügbar. Bitte erlaube Cookies und stimme unseren Datenschutzbestimmungen zu.