GamesArt Interview Sam Hulick

Als junges Talent entdeckt, ausgezeichnet und gefördert. So kann man Sam Hulick’s Einstieg in die Spieleindustrie treffend beschreiben. 2003 von der Game Audio Network Guild (G.A.N.G.) gerade als bester junger Komponist ausgezeichnet, nahm Game Music-Pionier Tommy Tellarico Hulick unter seine Fittiche und vertonte mit ihm Capcoms Action-Adventure Maximo vs. Army of Zin. Tellaricos Freund und Partner Jack Wall nahm sich danach des Nachwuchskomponisten an und schuf mit ihm den grandiosen Soundtrack zum ersten Teil von BioWare’s epischer Mass Effect-Trilogie. Sie reanimierten dabei den synthi-lastigen avantgardistischen Science-Fiction-Stil der 70er und 80er, im Sinne von Vangelis‘ Blade Runner. Hulick komponierte unter anderem das Sovereign-Theme sowie das große Finale des Rollenspiels. Er wurde sogar von BioWare beauftragt, solo die Musik zur einzigen DLC-Episode Bring Down The Sky bzw. Kollisionskurs zu schreiben. Nach einem Preisregen für Mass Effect schloss er sich erneut Jack Wall an, um am Nachfolger zu werkeln. Fans erkennen Sam’s Stil während der Quests für die Party-Mitglieder Jacob und Legion, sowie in einigen Battle-Tracks, wie dem als Joker versucht den Kollektoren auf der Normandy zu entgehen. Für das erste richtige Soloprojekt Red Orchestra 2: Heroes of Stalingrad schlug Sam Hulick wesentlich emotionalere Töne an. Sein nahezu elegischer Soundtrack mit seinen zahlreichen Chorälen ist eine respektvolle Verbeugung vor den realen Ereignissen in Stalingrad 1942/43. Nach dem freiwilligen Ausscheiden von Jack Wall aus der Mass Effect-Trilogie hat sich Hulick für den finalen Teil mit dem who is who der Spielemusik zusammengetan: Christopher Lennertz (Gun, Warhawk), Cris Velasco und Sascha Dikiciyan (Dark Messiah, Hellgate London), sowie Filmkomponist Clint Mansell (Reqiem for a Dream, Black Swan). Außerdem hat er das von Fans umstrittene Ende von Mass Effect 3 im sogenannten Extended Cut neu komponiert. Apropos neu: Overhaul Games hat den Rollenspiel-Klassiker Baldur’s Gate mit der Enhanced Edition neu aufgelegt – und ratet mal wer hier wieder an den Noten saß… ;-)

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01. Hallo Sam! Freut uns, dass Sie sich Zeit für GamesArt nehmen. Was macht Ihrer Meinung nach Videospiele zu einer besonderen Kunstform?

01. Es gibt so einen großen Mischmasch an verschiedenen Kunstformen: Die visuellen Künste, dass Storytelling, Musik und natürlich Film bieten dir das Gleiche, aber der größte Unterschied ist der Grad an Interaktivität, die die Videospiel-Erfahrung liefert.

02. Wie kam es dazu, dass Sie Musiker und Komponist geworden sind? Erzählen Sie uns, was Sie zum komponieren von Videospielen gebracht hat.

02. Ich begann damit MOD’s auf meinem Amiga zu schreiben und benutzte dafür das Tool OctaMED. Ich spielte die meiste Zeit auf dem Amiga und liebte die Soundtracks für Spiele wie The Bard’s Tale, Faery Tale Adventure, Shadow of the Beast 3 und viele mehr. Ende der 90er fing ich an mich für eine Karriere als Komponist für Videospiele zu interessieren. Also fing ich an meine Musik unter die Leute zu bringen. Es ist wichtig, dass deine Musik gehört wird und dein Name damit in Verbindung gebracht wird. Ich trat der Game Audio Network Guild bei, gewann einen Komponisten-Contest und das führte mich zu Maximo vs. Army of Zin, meinem ersten professionellen Gig.

03. Warum ist Musik in Videospielen so wichtig?

03. Musik hat einen unbestreitbar starken emotionalen Effekt auf Menschen. Wir haben Musik in Spielen seit den allerersten an die ich mich erinnern kann, als die Musik nur piependen Tönen bestand. Heute haben wir die akustische Qualität um einiges verbessert und ist sogar ebenbürtig mit Filmmusik. Es gibt Musik in Spielen, die Leute zu Tränen rühren, was nicht nur ein Indikator für die emotionale Kraft der Musik ist, sondern auch wenn sie mit den Bildern, der Story, dem Voice-Acting und der Interaktion mit dem Spieler verbunden ist.

04. Sie haben unter anderem mit Jack Wall an der Mass Effect-Serie gearbeitet. Was haben Sie während dieser Zeit gelernt?

04. Das erste Mass Effect war das erste Blockbuster-Projekt an dem ich arbeitete, also war es eine neue Erfahrung für mich. Mit Jack Wall zusammen zu arbeiten lehrte mich, auf eine relativ risikofreie Weise, wie es ist mit einem großen Entwickler an einem Projekt dieser Größenordnung zu arbeiten.

05. In Mass Effect 3 arbeitete u.a. Clint Mansell am Soundtrack mit. Im Track „An End Once and For All“ übernahmen Sie sein Theme „Leaving Earth“. Wie gestaltete sich die Zusammenarbeit?

05. Ich wurde beauftragt das finale Stück zu schreiben, was auf Clint’s Thema basiert. Es gab keine direkte Zusammenarbeit zwischen uns. Mir wurden Clint’s Tracks gegeben, sodass ich sie absorbieren konnte und etwas schreiben konnte, dass seine Arbeit beinhaltete, aber auch mit meinen eigenen Themen, besonders dem Main Theme verschmelzen konnte, um einen abgeschlossenen Höhepunkt zu ergeben.

06. Mass Effect 3 war bei Fans wegen des Endes umstritten. Sie haben zusätzliche Musik für den Extended Cut geschrieben. Wäre Ihrer Meinung nach das ursprüngliche Ende verbesserungswürdig gewesen?

06. Ich denke jeder kreative Typ kann immer auf etwas Geschaffenes zurückblicken und etwas finden, was man irgendwie verbessern kann. Wie schließt man eine der größten Videospiel-Trilogien überhaupt ab? Es ist eine mächtige Aufgabe und du kannst es nicht jedem Recht machen. In solchen Situationen muss das Team einfach seinen Fokus auf ihre Vision konzentrieren und was sie zu tun haben, um sie zu realisieren.

07. Ihr neuestes Werk ist die Enhanced Edition des Rollenspiel-Klassikers Bladur’s Gate, die das Originalspiel um sechs Stunden Spielzeit erweitert. Wie sehr haben Sie sich dabei am Originalsoundtrack orientiert?

07. Ursprünglich war die Musik zum ersten Baldur’s Gate eines der Dinge, die mich für das Spiele vertonen überhaupt inspiriert haben, sodass ich mit Hoenig’s Musik sehr vertraut war bevor ich an der Enhanced Edition zu arbeiten begann. Ich zitiere sogar einige der alten Themen, als ich das neue Material schrieb.

08. Hatten Sie das Original bereits gespielt oder war das Projekt Ihr erster Kontakt mit Baldur’s Gate?

08. Früher war ich richtig süchtig nach Fantasy-Rollenspielen und so spielte ich auch Baldur’s Gate 1 und 2. Aber ich muss sagen, dass ich die Spiele seit Jahren nicht mehr angefasst habe, weshalb ich mich freue wieder in diese Welt einzutauchen.

09. Ihre Musik wird auch auf Konzerten wie Video Games Live vor jubelndem Publikum aufgeführt. Was bedeutet das für Sie?

09. Es ist ja schon eine großartige Erfahrung, wenn jemandes Musik von einem Orchester aufgeführt wird und du sie live fühlen und hören kannst, aber ein noch größerer Kick ist es ein Riesenpublikum davor zu haben, die so eine Leidenschaft für Gamesoundtracks empfinden.

10. Ihre Arbeit hat auch den Weg in populäre Vertriebsplattformen wie iTunes geschafft. Freut Sie der einhergehende Hörerzuwachs?

10. Definitiv. Es ist ein sehr zufriedenstellendes Gefühl, deine Musik dort draußen zu haben und eine Nachfrage dafür zu sehen. Aber nicht nur das, auch die steigende Nachfrage nach Spielemusik überhaupt zeigt den Level an Wertschätzung für die Arbeit die wir leisten.

11. Sind Sie selbst Videospieler? Welche Spiele bevorzugen Sie?

11. Wenn ich Zeit habe. Ich bin ein Fan von mobilen Casual Games, weil sie normalerweise schnelle Spiele sind und ich mich während einer Pause einfach hinsetzen und für eine kurze Zeit spielen kann und dann fertig bin. Ich liebe wirklich Story getriebene Spiele, wie Dishonored, Skyrim, Mass Effect usw. aber ich muss vorsichtig sein, weil sie mich für so eine lange Zeit fesseln, was nicht gut für die Produktivität ist.

12. Bis auf einen Kurzfilm haben sie ausschließlich Videospiele vertont. Würde Sie ein Projekt im Filmgeschäft reizen? Welche Art von Film würden Sie sich dabei wünschen?

12. Ich würde es sicher lieben mehr an Filmen zu arbeiten. Ich denke Dramen und Sci-Fiction-Filme würden mich am meisten interessieren.

13. Was können Sie uns über kommende Projekte verraten?

13. Es gibt Arbeit an Baldur’s Gate zu erledigen, aber ich kann zu diesem Zeitpunkt nicht detailliertes sagen. Ich arbeite am nächsten Mass Effect 3 DLC, was ein Knaller sein wird.

GamesArt.de bedankt sich für das Interview.

Danke, Sam

 

 

English

01. Hello Sam! We are pleased that you take some time for GamesArt. In your opinion, what makes video games to such a special form of art?

01. They’re such a great mix of several different art forms: the visual arts, storytelling, music, and of course film offers the same, but the biggest difference is also the level of interactivity that the video game experience provides.

02. How did it happen that you have become musician and composer? Please tell us what made you writing music for video games?

02. I got my start writing MODs on my Amiga computer, using a tracker called OctaMED. Pretty much all my video game playing was on the Amiga, and I really loved the soundtracks for games such as The Bard’s Tale, Faery Tale Adventure, Shadow of the Beast 3, etc. In the late 1990s, I started getting more interested in writing music for games as a career, so I began networking and getting more of my music out there. It’s important to just get it heard, and have your name tied to everything you do. I joined the Game Audio Network Guild, won a composer contest, and that in turn landed my first professional gig working on Maximo vs. Army of Zin.

03. Why music is so important for video games?

03. Music has an undeniably strong emotional effect on people. We’ve had music in games since the very earliest ones I can remember, even though back then it was just “bleeps and bloops” as they say. Today we’ve greatly improved the sonic quality of what a musician in a home studio can produce, and the quality is now equal to what we’ve been hearing in films for ages. There’s music in games that has moved people to tears, if that’s any indication of the emotional power of not just music, but music set to visuals, story, voice acting, and the deep involvement a video game brings to the experience through interactivity with the player.

04. You´ve worked with, amongst others, Jack Wall on the mass effect series. What have you learned during this time?

04. The first Mass Effect was my first blockbuster game that I worked on, so it was a brand new experience for me. Working with Jack Wall helped me learn, in a relatively low-risk way, what it was like to work with a big game developer on a project of this scale.

05. In Mass Effect 3 Clint Mansell also worked on the soundtrack. On track „An End Once and For All“ you took over his theme „Leaving Earth“. How was the collaboration?

05. I was charged with writing a finale piece based on Clint’s theme, but there was no direct collaboration between us. I was given the tracks that Clint wrote so I could absorb them, and write something that included his work but merged it with my own themes, specifically the main theme, and wrap up in an intense climax.

06. Mass Effect 3 was disputed among fans due to the end. You wrote additional music for the extended cut. Would you say the original end could have been better?

06. I think every creative type can look back on something they’ve created and find some way to improve upon it. How does one close out one of the biggest trilogies in video games? It’s a tall order, and you can’t please everyone. In situations like that, the team has to simply focus on their vision and do what they can to bring that to reality.

07. Your latest work is the enhanced edition of the classic role-play Baldur´s Gate, which expands the original game by six hours playtime. How much did you orient yourself thereby on the original soundtrack?

07. The original Baldur’s Gate score was one of the big inspirations for me to get into writing music for games, actually, so I was very familiar with Hoenig’s music before I started working on Baldur’s Gate: Enhanced Edition. I even revisited a couple of familiar themes when writing the new material.

08. Have you already played the original or was the project your first contact with Baldur´s Gate?

08. I used to have a fantasy RPG addiction way back when, so I played both Baldur’s Gate 1 and 2. Though I have to say it’s been years since I’ve played them so I’m looking forward to jumping in again!

09. Your music is also performed at concerts as like as video games live in front of jubilant audiences. What does this mean to you?

09. It’s a great experience enough to have one’s music performed by a live orchestra and be there to feel it and hear it in person, but even more of a thrill to have a huge audience of people who are there because they feel so passionately about the music in video games.

10. Your work has made its way into popular sales platforms like iTunes. Are you happy about the associated increase in listeners?

10. Definitely. It’s a very satisfying feeling to have one’s music out there and seeing a demand for it. Not only that, but seeing an increasing demand for video game music in general shows the level of appreciation for the work we do.

11. Do you play videogames ? Which games do you prefer?

11. When I have time! I’m a fan of casual mobile games because they’re usually quick games I can sit down with during a break and play for a short time, then be done with it. I really do love more involved story-based games such as Dishonored, Skyrim, Mass Effect, etc. but I have to be careful as I’m easily sucked in for long periods of time. Not very good for productivity!

12. Except for a short film you´ve only scored video games. Would attract you a project in the film business? Which kind of film would you wish it to be?

12. I’d certainly love to work more in film. I think both dramatic films and sci-fi interest me the most.

13. What can you tell us about future projects?

13. There’s more exciting work to be done on the Baldur’s Gate series, but I can’t get into details at this point. I’m working on the next Mass Effect 3 DLC which has been a blast so far.

GamesArt.de is thankful for the interview.

Thanks, Sam.

Autor: Tim Hildebrandt und Davis Schrapel

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