Es gibt kein Action-Genre, dass die Resident Evil-Reihe nicht schon beackert hätte. Die Hauptserie, derer sechster Teil sich im Moment noch in Entwicklung befindet, hat sich vom etwas behäbigen Survival-Horror-Abenteuer zum schweißtreibenden Action-Terror gewandelt. Mit Code Veronica und den indizierten Wii-Titeln begab sich Capcom ins Land der Lightgun-Shooter und mit den beiden Outbreak’s versuchte man sich an einer Online-Koop-Variante. Nun verlegt der Publisher das Universum in den Taktik-Shooter Operation Racoon City. Aber passt kernige Teamtaktik überhaupt zu Resident Evil?

Wir schreiben das Jahr 1998: Der gefährliche T-Virus verwandelt die Bürger der titelgebende US-Stadt in blutrünstige Zombies. Für diesen Zwischenfall verantwortlich zeichnet der herumexperimentierende Konzern Umbrella verantwortlich. Um jegliche Beweise für die Schuld des Unternehmens verschwinden zu lassen, wird die sechsköpfige Sondereinheit Wolfpack in die Todeszone geschickt. Dabei sollen Akten und Speichermedien, aber auch Zeugen und Mitwisser vernichtet werden. Zu erwähnten Personen zählt die eine oder andere Serienprominenz. Denn Operation Racoon City spielt parallel zu den Ereignissen aus dem zweiten und dritten Teil der Zombie-Franchise.

Vor Beginn einer jeden Mission steht die Qual der Wahl: Das Wolfpack rückt in Viererteams in den Einsatz aus. Und weil jeder Soldat ein echter Individualist ist, will gut überlegt sein wen wir mitnehmen und über wen wir die Kontrolle übernehmen. Vom bulligen Haudrauf über die heilende Sanitäterin bis hin zum sich unsichtbar machenden Aufklärer ist für jeden Geschmack etwas dabei. Wir steuern unsere Truppenmitglieder nach populärem Gears of War-Prinzip: Wir hechten von Deckung zu Deckung, um den Schüssen unserer Widersacher zu entgehen. Das Deckungssystem funktioniert tadellos und so ist es kein größeres Problem die Special Forces-Soldaten und andere noch menschliche Schießwütige zu erledigen.

Das ist aber weniger der guten Schutzerfassung als der dämlichen Gegner-KI zu verdanken. Umbrellas Feinde scheinen nämlich nicht an schutzspendenden Orten interessiert zu sein. Sinnentleert bewegen sie sich durch den Level und in die Schusslinie von Freund und Feind. Eure Kameraden sind im Übrigen auch nicht mit Intelligenz beglückt. Zwar nutzen die Kumpel wesentlich aktiver Deckungsmöglichkeiten, aufgrund ihrer nicht vorhandenen Zielgenauigkeit dauert es einige Minuten bis sie aus einem langwierigen Schusswechsel als Sieger hervorgehen. Dadurch werden die Gefechte in Verbindung mit der lahmen Laufgeschwindigkeit und wenig intuitiven Steuerung zäh. Zumal die Level einem keine taktischen Winkelzüge, wie z.B. Flankieren, erlauben. Ab einem bestimmten Punkt im Spiel bekommen wir es auch mit den infizierten Bürgern Racoon City’s zu tun. Die normalen Zombies sind relativ langsam auf den faulen Beinen, durch ihren Hang zur Rudelbildung machen werden sie jedoch zur Bedrohung. Bei diesen Hirnfressern ist ein gewisses unkoordiniertes Verhalten sogar logisch. Bei kompromisslosem Heranstürmen aus allen Himmelsrichtungen hilft auch die beste Deckung nichts. Dann heißt es auch hier Taktik zu vergessen und so viele sabbernde Zeitgenossen, wie möglich in die Hölle zu schicken, denn die Zombies haben einen schnell überrannt, wenn man den Überblick verliert. Den haben wir überdies öfter verloren als uns lieb war und fanden unser Team in einem undefinierbaren Gewirr aus Armen und Beinen kaum wieder. Die Zombies eröffnen uns aber den einzigen abgefeimten Vorgehensweise des ganzen Spiels: Bekommen wir es nämlich sowohl mit Menschen als auch mit Zombies zu tun, reicht lediglich ein Treffer ins Bein eines gegnerischen Soldaten und die untote Meute stürzt sich im Blutrausch auf die Lebenden. Wir können derweil dem Spektakel beiwohnen, um später mit dem restlichen Feindespack leichtes Spiel zu haben. Dieser Plan kann aber auch ganz schnell nach hinten losgehen, wenn wir unsererseits angeschossen werden. Sollte man gebissen werden, wäre die Nutzung von blauem Spray empfehlenswert, um nicht selbst vom T-Virus transformiert zu werden. Blaue und gesundheitspendende grüne Sprays müssen übrigens selbst verwenden. Unsere bräßigen Kollegen heilen uns meist in allen Lagen, außer den brenzligen.

Wir treffen während der gut sieben Stunden Spielzeit auch auf andere Zombiearten, die wir bereits aus anderen Resident Evil-Teilen kennen. Man denke da etwa an die von Fans geliebt gehassten Crawler, die mit ihren langen Zungen von Wänden und Decken aus beharken. Da mag sich zwar ein vertrautes Gefühl einstellen, allerdings stößt einem dieses einfallslose Gegnerrecycling ganz schön sauer auf. Apropos Einfallslos: Hin und wieder bekommen wir es auch mit Bossgegnern zu tun, die alle eine bestimmte Strategie erfordern. Hat man die aber erst mal durchschaut geht’s ans viel zu lange und stupide Abrattern des Plans.

Dadurch werden die Konfrontationen ganz schön spannungsarm. Es gibt auch Situationen in denen ihr aus einer misslichen Lage entkommen müsst. Dann heißt es die Beine in die Hand nehmen und den übermächtigen Verfolger mit Schüssen auf die Schwachstelle aufhalten. Diese Stellen sind besonders frustig, da wir entweder von unserer niedrigen Laufgeschwindigkeit oder den unfairen Angriffen der Monster hingerafft werden.

Neben Kämpfen steht auch Spurenbeseitung regelmäßig auf dem Einsatzplan. Die beschränkt sich aber nur auf das Zerschießen von Maschinen oder das Verbrennen von Plänen. Diese Aufgaben sollten als Auflockerung zwischen den Kämpfen dienen. Da ihr sie aber immer und immer wieder absolvieren müsst, wird auch das schnell langweilig. Besonders in der letzten Hälfte verwandelt sich Operation Racoon City durch den abwechslungsarmen und von Designfehlern behafteten Spielablauf in eine schwer zu ertragende Angelegenheit.

 

 

Resident Evil: Operation Racoon City ist eine herbe Enttäuschung. Wir bestaunen triste Innenräume, detailarme Straßenzüge, verwaschene Texturen und absolut unzeitgemäße Effekte, wie Rauch, Feuer oder Licht. Hinzuaddieren sich noch abgehackte Animationen und eine miese, weil emotions- und motivationslose deutsche Sprecherriege. Der restliche Sound, sowie die Musik dudeln zumeist unaufdringlich, aber zumindest nicht störend oder nervend aus den Boxen. Das Missionsdesign wirkt lieblos und die Handlung lässt Spannung und liebevolle durchdachte Handlungsstränge vermissen. Wir hätten gerne mehr Punkte vergeben, aber das Spiel scheint aus dem Betastatus nicht heraus gekommen zu sein.


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Autor: Tim Hildebrandt

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