Spiele zu Filmen sind in der Regel etwas Feines. Die zockaffinen Fans können sich in die Welt des Films hineinversetzen und dabei Spaß haben, wie die meisten Titel zu den Franchises Herr der Ringe und Star Wars zeigen. Eben erwähnte Enthusiasten können bei Filmversoftungen auch ihr blaues Wunder erleben. So wie letztes Jahr mit Alien: Colonial Marines, dass mit Quatschdialogen, technischen Mängeln und einem Haufen nicht eingelöster Versprechen „glänzte“. Nach diesem Desaster schickt Sega nun mit Alien Isolation einen weiteren Versuch, die von vielen verehrte Sci-Fi-Horror-Franchise adäquat umzusetzen.

„Streift der Xenomorph Euch witternd an Eurem Versteck vorbei, den schleimigen Speichel aus dem Mund triefend, die unverkennbaren Geräusche des Films ausspuckend, während Ihr ja die Luft anhalten müsst – das ist Psychohorror in Reinkultur!“

Am Ende von Ridley Scotts erstem Alien-Streifen gelingt es Protagonistin Ellen Ripley sich von der Nostromo in eine rettende Raumkapsel zu flüchten. Schiff und Kapsel samt Ripley sind jedoch auch nach 20 Jahren immer noch verschollen. Ellens mittlerweile erwachsene Tochter Amanda schließt sich einer Reise zur Raumstation Sevastopol an, da sich dort der gefundene Flugschreiber der Nostromo befinden soll. Antworten und vielleicht auch der Aufenthaltsort ihrer Mutter locken. Doch es kommt wie es kommen muss. Nach einem Zwischenfall wird Amanda kurz nach ihrem Eintreffen von der Crew getrennt. Auf sich allein gestellt, muss sie erkennen, dass Sevastopol zu einem düsteren, fast ausgestorbenen Hort des Schreckens geworden ist. Alles ist verwüstet, die Wände sind mit apokalyptischen Sprüchen verziert. Der Grund dafür erklärt sich von selbst.

Wir steuern Amanda Ripley aus der Ego-Perspektive durch Sevastopol. In der Hand meistens nichts außer einer Magnesiumfackel, die für uns die schummrigen Gänge in gleißend rotes Licht taucht. So irren wir zunächst ahnungslos durch die ersten Spielminuten und finden neben besagten Fackeln auch Einzelteile und Schrott, die wir mit dem simplen Crafting-System in nützliche Tools, wie einem Medikit verbauen können. Vorausgesetzt wir haben einen entsprechenden Bauplan gefunden. Aber die Ingenieurin bastelt sich nicht ihren Weg aus brenzligen Situationen.

Vielmehr schleicht sie auf leisen Sohlen, um eine Gruppe bewaffneter Überlebender, die jeden erschießen, die sie für „das Monster“ halten. Da Schießen bis in die letzten paar Spielstunden hinein keine wirkliche Option ist, ist Ablenkung unsere beste Waffe. Indem Ripley beispielsweise Stromgeneratoren außer Kraft setzt kann sie ungehindert an den verdutzten Waffennarren vorbeischleichen. Bereits jetzt macht sich das Gefühl breit, Gänge zu lieben die leer sind und keine Überraschungen für Euch in der Schublade stecken haben. Die Luft ist zum zerreisen gespannt…

Aber Isolation hätte kein Alien im Namen, wenn es nicht auch eines geben würde. Der von den wenigen Überlebenden als „Killer“ oder „Monster“ bezeichnete Xenomorph hat uns im Test in mehrfacher Hinsicht ordentlich eingeheizt. Spielmechanisch gilt hier im Grunde das gleiche, wie bei den schon erwähnten Ballermännern. Leises Verhalten und die Vermeidung von Blickkontakt sind der Schlüssel. Aber damit ist es nicht getan. In der Regel bemerkt ihr die Anwesenheit des Aliens mit unheimlichen Geräuschen. Klingt plump, kommt bei aufgedrehter 5.1-Anlage, aber teuflisch gut rüber. Ihr wisst es krabbelt die Luftschächte entlang. Aber wo? Über Euch? Unter Euch? Neben Euch? Es scheint überall. Dem Autor dieses Artikels war die beschriebene Situation zu bunt und musste das Spiel pausieren. Jedenfalls kann es durchaus passieren, dass das Viech aus einem Schacht gesprungen kommt. Besser gesagt, es wird passieren! Denn auf den Erstkontakt seid Ihr absolut nicht vorbereitet. Steht es direkt vor Euch habt Ihr keine Chance. Game Over. Was ist hier eben passiert? Sollte das so sein? Habe ich einen Fehler gemacht? Und wenn ja, welchen? Diese Fragen geisterten uns beim Test ein ums andere Mal durch den Schädel, denn eine richtige Erklärung bleiben uns die Entwickler von Creative Assembly über die mindestens 15 Stunden Spielzeit aus. Und so bleibt es am Spieler herauszufinden, wie man gefräßige Außerirdische zum Narren hält, denn bekämpfen können wir das Alien zu keiner Zeit. Nach etlichen Bildschirmtoden fällt uns die Taktik ein mit der wir auch die Space-Pistoleros anschmierten: Ablenkung! Ist des Gigers Schöpfung in der Nähe, schmeißen wir einen Gegenstand auf eine taktisch günstige Position. Wenn es der vermeintlichen Geräuschquelle daraufhin auf den Grund geht, heißt es Beine in die Hand nehmen, dachte ich! Einen tödlichen Biss später kann die Situation durch einen Trick gelöst werden. An einigen Stellen der Sevastopol befinden sich auch die Spinde der Besatzung. Wie im Horror-Schocker Outlast stellen wir uns kurzerhand in den Schrank und beobachten durch die Türschlitze das gruselige Treiben. Gruselig ist durchaus wörtlich zu nehmen. Streift der Xenomorph Euch witternd an Eurem Versteck vorbei, den schleimigen Speichel aus dem Mund triefend, die unverkennbaren Geräusche des Films ausspuckend, während Ihr ja die Luft anhalten müsst – das ist Psychohorror in Reinkultur! Erneut musste der Tester schweißgebadet das Pad aus der Hand nehmen.

Nicht minder Unheimlich sind auch die Hiwi-Androiden, die entgegen ihrer Programmierung gegen Menschen vorgehen. Ihre steifen und emotionslosen Gesichter kommen vor allem dann zur Geltung, wenn sie stur auf Euch zu rennen, während der Flammenwerfer alles gibt, um ihnen Herr zu werden. Mit der Zeit nennt Ihr auch einen einen Motion Tracker Euer Eigen, der die Bewegungen des Jägers als piepsenden grünen Punkt auf einem Display markiert. Aber Obacht: Wer nur auf den kleinen Grünen Monitor blickt wird schnell Opfer des Tunnelblicks. Während ihr das Gerät betrachtet verschwimmt der Rest des Sichtfeldes erheblich. Ihr müsst also permanent Abwägen. Nützlich sind auch die zahlreichen Wartungskorridore, die nicht nur ein gutes Versteck, sondern auch die Verbindung zu bestimmten Level-Abschnitten darstellen.

Apropos Levels: Gespickt mit vielen kleinen und großen Details fühlen wir uns ins Jahr 1978 zurückversetzt. Alien Isolation macht nicht etwa den gleichen Fehler, wie Prometheus, Ridley Scotts-Prequel zur Alien-Reihe, indem alle technischen Gerätschaften hoch technologisiert daherkommen. Anstelle von Touchscreens und Hologrammen treffen wir im Spiel auf klobige Röhrengeräte, Tonbandgeräte und mit beigen Tastaturen bewährte Computer. Diese analoge Version der Zukunft sorgt nicht für eine wirklich coole Retro-Atmosphäre sondern bringt auch mit Tonaufnahmen und Memos die Ereignisse vor der Katastrophe ans Licht. Das Licht sieht übrigens auch sehr schön aus. Das Zusammenspiel mit zwischen Licht und Schatten mit Überstrahleffekten kann wirklich nur als gelungen bezeichnet werden. Wie erwähnt ist der Sound eine Wucht. Das meist sehr subtile Verwirrspiel mit den Tonquellen des Aliens sorgt für eine erhöhte Pulsfrequenz. Die sehr dezent und passend eingesetzte Musik tut dazu ihr übriges. Auch die deutschen Sprecher geben eine gute, aber nicht hervorragende Leistung. Ein Grund dafür ist die Lippensynchronität, an der nach dem Schema „Pi mal Daumen“ gearbeitet wurde. Entwicklerstudio Creative Assembly und Publsiher Sega, haben in enger Zusammenarbeit mit 20th Century Fox die Atmosphäre der Filme einfach nur perfekt eingefangen, an allen Ecken und Enden sehen wir Technik im Retrolook und hören aus den Filmen bekannte Soundeffekte. Der Soundtrack zu Alien Isolation wurde sogar aus bisher unveröffentlichtem Soundtrack-Material der Filme komponiert. Ihr seht hier wurde mit viel Liebe zum Detail gearbeitet um Euch eine perfekte Atmosphäre zu bieten.

 

 

Alien Isolation erinnert mich stellenweise an Dark Souls. Das eigene Versagen ist der Schlüssel zum Erfolg. Das mutet oft in Trail & Error Situationen, bis der vermeidbare Fehler im eigenen Verhalten erkannt ist. Fans müssen für das Spiel viel Durchhaltevermögen aufbringen. Dafür werden sie mit einer unvergleichlichen Atmosphäre belohnt. Es gab bisher kein Spiel in dem man sich mehr freut einen leeren Gang vor sich zu finden. Hinter jeder Ecke könnte Euer Tod lauern oder besser noch er stampft einfach direkt auf uns zu. Im späteren Spielverlauf hilft es auch nicht, bereits erfolgreich angewendeten Strategien zu verwenden: verstecken wir uns anfangs noch unter Tischen, sind diese im späteren Spielverlauf unser schneller virtueller Tod, denn das Alien lernt dazu und schaut auch das ein oder andere Mal einfach unter die Tische. Gespeichert wird an Telefonstationen und selbst hier sind wir nicht sicher, drei Lampen müssen erst ausgehen an den Emergency Stationen, ehe wir sichern können, oder aber auf unseren Bauch schauen, aus dem gerade der Schwanz des Aliens blutverschmierte herausragt und wir zu Boden sinken. Für einige ist das unberechenbare Alien sicherlich der größte Schwachpunkt, für andere ist es einer der größten Pluspunkte. Ich zähle zur letzten Kategorie. Hat sich der Xenomorph in den Filmen nicht auch so verhalten? Und erwarten wir von einer richtig guten Umsetzung des Stoffs nicht genau das?


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Autor: Tim Hildebrandt

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