Wir erinnern uns: Vor ca. einem halben Jahr erschien Halo 4 und entzückte Zocker und Fans. Zur gleichen Zeit erschien der Soundtrack von Massive Attack-Member Neil Davidge, der nicht nur Marty O’Donnells bisherige Werke innovativ und würdig fortsetzte, sondern auch Chartrekorde schlug (wir berichteten). Nun ist mit etwas Verzögerung ein zweiter Teil des Scores erschienen. Jedoch nur in digitaler Form via Amazon oder iTunes. Eine CD oder Collector’s Edition mitsamt DVD und Vinyl fällt also diesmal flach. Lohnt sich die Anschaffung trotzdem?

Die zwanzig Stücke des Soundtracks sind gut gemischt und weisen insgesamt einen anderen akustischen Kontrast auf. Während in Volume 1 hauptsächlich große Suites und Themen präsentiert wurden, wechseln sich auf der Nachfolgerplatte eindrucksvolle orchestrale Tracks mit subtiler elektronischer Stimmungsmusik ab. Das liegt an erster Linie Kazuma Jinnouchi, seines Zeichens Music Supervisor und Ko-Komponist von Halo 4, dessen Stil wesentlich cineastischer ist als der des experimentellen Davidge. Kam Jinnouchi in der ersten Veröffentlichung mit nur einem Track deutlich zu kurz, dreht der Japaner in Volume 2 richtig auf. In den emotionalen Stücken Wreckage und Sacrifice besuchen wir seine 117 Suite aus der Vorgängerplatte wieder. Kenner erkennen in Sacrifice sogar Reminiszenzen aus dem legendären Halo Thema aus den ersten Teilen. Eine ähnliche Gefühlslage lassen Atonement, das wunderbare elegische Stück aus dem Hauptmenü mit der starken Sängerin im Vordergrund, und Never Forget aufleben. Letzteres ist eine neu arrangierte Version aus dem Thema Unforgotten aus Halo 2, das seither in jedem weiteren Teil variiert zum Einsatz kam. Es beschreibt den Verlust, den wir, die Menschheit, im Kampf um unser Überleben und unsere Freiheit geben mussten – ein Memoriam für alles, das verloren ging und geopfert werden musste. Eine Botschaft, die besonders während des Abspanns nach dem für Fans schockierenden Ende sitzt. Besonders da Jinnouchi es schafft der oft genutzten Melodie neue Facetten abzugewinnen. Wahrlich ein Track den man sich immer wieder anhören kann.

Ebenfalls immer wieder anhören kann man sich Lasky’s Theme, das während des Abspanns der Spartan Ops-Staffel läuft. Es fängt erst klein und relativ ruhig an, detoniert jedoch in einem Feuerwerk aus Orchester, Percussion und Chor zu einem heroischen Stück, das Captain Thomas Lasky hervorragend wiederspiegelt: Ein integerer, bescheidener Offizier, der sich und seine Männer in erster Linie mit seinem Herzen führt. Gelungen sind auch die Action-Cues Gravity, Intruders und Mantis, die im Spiel selbst toll zur Geltung kommen und ein richtig intensives „wir haben hier ein Problem“-Gefühl erzeugen.

Im Vergleich fallen die Stücke von Neil Davidge etwas ab. Klar, er hatte seinen großen Auftritt in Volume 1, aber das ändert nichts an der Tatsache, dass einige Tracks recht fad daher plätschern, wie Kantele Bow, Swamp oder This Armour. Aliens und Foreshadow hingegen zeigen das Gegenteil. Mit ihren vokalen Einlagen erschaffen sie ein beunruhigend geheimnisvolles Gefühl, dass sowohl beim spielen, als auch beim hören aufgeht. Action-Cues wie Pylons, Escape, Push Through oder Convoy kommen im Spiel super rüber, erreichen aber nicht ganz die Klasse, die wir aus Volume 1 kennen, da die Tracks durch ihre fehlende Relationen zu bekannten Themen oder Motiven zusammenhanglos erscheinen. Als wolle man noch den Rest unter die Leute bringen. Das mag hart vorkommen zumal die Tracks gut klingen, besonders Convoy und das bisher unerwähnte To Galaxy (extended). Der Name bei letztgenanntem Track ist etwas irreführend, da dieses Stück lediglich Motive (aha!) aus To Galaxy zitiert. Mit abwechslungsreich arrangiertem Orchester macht dieser Track richtig viel Spaß. Mit Sicherheit das Davidge-Highlight in Volume 2.

Ich war begeistert vom Halo 4 OST und konnte es kaum auf Volume 2 abwarten. An die erste Platte kommt die zweite Ausgabe nicht ganz heran, trotz Hämmern wie Lasky’s Theme oder To Galaxy (ext.). Zu oft wollte ich schwache Tracks beim hören bei Seite schieben – etwas, was in Volume 1 einfach nicht auftritt. Neben gut ergänzender Kampfmucke, wie dem sehr guten Majestic, sind es vor allem die emotionaleren Töne von Kazuma Jinnouchi, die mich begeistern. Seine Neuauflage von Never Forget ist einfach nur wunderbar.

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Autor: Tim Hildebrandt

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