Mit Heavy Rain gelang Schöpfer David Cage nach Fahrenheit ein weiterer Meilenstein der Videospielgeschichte und schon kurz darauf zeigte QuanticDream im Kara Demovideo eindrucksvoll, was sie mit der PlayStation 3 noch alles vor haben. Zu diesem Zeitpunkt war von BEYOND: Two Souls noch keine Silbe bekannt und knapp ein Jahr und ein paar zerquetschte Monate später, halten wir das nächste Meisterwerk von QuanticDream in den Händen. BEYOND: Two Souls kann seine Einflüsse aus Heavy Rain nicht verbergen, aber das muss BEYOND: Two Souls auch überhaupt nicht. Denn es spielt sich trotz ähnlicher Steuerung doch komplett anders, und das wiederum eigentlich erstaunlichste ist: BEYOND: Two Souls spielt auch mit UNS. Wir geraten von einer stressigen Situation in die nächste und fühlen nicht nur den Stress den Jodie erleben muss, sondern fühlen uns auch sehr schnell selber gestresst wenn wir ihr nicht rechtzeitig zu Hilfe eilen. Und BEYOND: Two Souls hebelt selbst Größen wie The Last of Us aus den Angeln, denn wenn uns die belebten Straßen und Aktionen, wenn wir daran vorliefen, in The Last of Us schon realistisch und absolut genial vorgekommen sind, so legt BEYOND: Two Souls noch eine Schippe oben drauf. Im Levelabschnitt “Der Kondensator”, beginnen wir vor einem Gebäude an dem Unmengen an Feuerwehrleuten, CIA Mitarbeitern, Erstlingshelfer beschäftigt sind, und mit jedem Schritt auf das Gebäude zu, hören wir neue Dialoge, erleben neue Szenen, sehen Verletzte die aus dem Gebäude gefahren werden oder sehen ihnen beim erbrechen zu und lauschen ihren ängstlichen Worten.

Sobald wir das Gebäude betreten haben, zeigt uns BEYOND: Two Souls, dass selbst ein Dead Space nicht dagegen anstinken kann. Wir erleben einen Horror-Trip der nicht nur durch die wirklich tolle schauspielerische Kunst der Akteure, sondern durch die Kombination der Kamera, Sprache, Soundtrack und Flair zustande kommt. BEYOND: Two Souls ist weit mehr als nur ein Fahrenheit oder ein erweitertes Heavy Rain, denn es schreibt Geschichte in Sachen Action, Abenteuer und vor allem Spannung. Selbst wenn man nur daneben sitzt und einem anderen beim Spielen zuschaut, kann man in vielen Momenten richtig mitfiebern und fühlt sich spannungsgeladener als bei einem Action-Film.

Insgesamt über 15 Jahre dürfen wir Jolie mit ihrer Existenz Aiden begleiten und springen dabei im Verlauf des Spieles immer wieder auf der Timeline hin und her. Dabei erleben wir Jodie als Teenager, wie sie erste Freundschaften knüpfen möchte, oder auf Ihrere Flucht mitten im Winter unter Obdachlosen. Immer wieder sind es alltägliche Situationen die ihre Geschichte vorantreibt, und immer wieder sind es eigentlich natürliche Aktionen die einem trotzdem in Spannung und Aufregung versetzen. Wir helfen einer Obdachlosen bei der Geburt ihres Kindes, oder gehen betteln um den Obdachlosen eine warme Mahlzeit zu beschaffen. Dabei gibt es wie immer die unterschiedlichsten Wege. So können wir uns an den nächsten Zeitungsstand an den Apparaten mit Hilfe von Aiden zu schaffen machen, und so das Kleingeld einkassieren. Oder aber wie bekommen ein unmoralisches Angebot eines Manns der sich mit uns um die Ecke begnügen möchte. Wir entscheiden uns in dieser Szene dafür ein Stück weiter zu laufen und einem weiteren Obdachlosen mit seiner Gitarre zu treffen. Diese Gitarre spielte Jolie dann mit wunderschönem Gesang und unsere Spendendose scheint einiges an Geld herzugeben, so das wir uns sogar zum Abendmahl Schokolade als Dessert leisten können. Diese kleinen Dinge machen BEYOND: Two Souls nicht nur Sehenswert sondern zu einem absolutem Juwel, der Eurer PlayStation 3 quasi das letzte Fünkchen an Grafikpracht abverlangt. Wir sehen einige Szenen deren Realismus schon dermaßen grandios ist, dass wir uns immer wieder mehr in einem Film vermuten als in einem Spiel. Wenn uns die Suchhunde der örtlichen Polizei im Wald angreifen und wir uns wehren müssen, oder wenn Jolie sich ihre warmen Sachen anzieht um im kalten Garten eine Runde im Schnee zu spielen, erleben wir eine Grafik die definitiv an Next-Gen erinnert und seinesgleichen sucht.

Die Deutsche Synchronisation der Hollywood-Schauspieler Ellen Page und Willem Dafoe können sich absolut hören lassen. Und auch deren Gesichter sind eindeutig wieder zuerkennen und Eric Winter als Obdachloser Stan spielt absolut hervorragend auch wenn die schauspielerische Leistung von Ellen Page nicht zu schlagen ist. In vielen Szenen können wir uns einfach perfekt in ihre Lage versetzen, verstehen ihren Schmerz und ihre Zweifel. Wir verstehen sogar den versuchten Sprung von der Brücke, deren Wahl dem Spieler überlassen bleibt. Wir sehen Haut-Poren und Tränen, wir sehen perfekten Regen, wir sehen perfekten Schnee. Wir sehen einfach eine perfekte Symbiose zwischen der Grafik, den Filtern, der perfekten Arbeit des BEYOND: Two Souls Schöpfers David Cage und der einfach nur phänomenalen schauspielerischen Leistungen des Teams. Das alles wird in den richtigen Szenen untermalt von Tönen aus der Feder von Lorne Balfe. Lorne ist seit 2005 festes Mitglied von Remote Control ProductionsHans Zimmers Musikschmiede – in der große Komponisten ausgebildet werden und großartige Soundtracks entstehen. Als Hans Zimmers rechte Hand hat er an der Musik zu so gut wie jedem Zimmer-Score seit 2006 mitgewirkt: Pirates of the Caribbean, The Dark Knight, Inception, Sherlock Holmes und viele weitere. Und auch Videospiele sind ihm absolut nicht fremd. Nach Call of Duty: Modern Warfare 2 und Crysis 2 kam Balfe als Ablöse von Jesper Kyd zu Assassins Creed: Revelations. Zusammen mit Hans Zimmer hat Lorne Balfe den Soundtrack zum interaktiven Kino-Erlebnis BEYOND: Two Souls gezaubert. Der Soundtrack erschafft eine fantastische Landschaft für die emotionale Reise von Jodie Holmes und ihrem immerwährenden Begleiter Aiden – Gänsehaut beim Hören ist garantiert!

Während wir Jodie aus der Third-Person-Perspektive betrachtet und steuern dürfen, wird Aiden hingegen wird aus der Ego-Perspektive gesteuert. Da er eine Art Geist ist, kann er fliegen und durch Wände, Gläser, Türen einfach hindurch schweben. Einige Objekte lassen keinen Durchflug zu, so können wir bei sehr dicken Wänden nur das Fenster oder die Türe verwenden. Außerdem dürfen wir uns nicht zu weit von unserer besseren Hälfte Jodie entfernen, sonst verlieren wir das Sichtfeld und es wird dunkel um ums herum. Auch Jodie leidet darunter wenn Aiden sich zu weit von ihr entfernt, so hat sie Schmerzen und ist ihren Angreifern irgendwann Schutzlos ausgeliefert. Jodie bezeichnet Aiden schon recht früh im Spiel als ein Monster – eine Bestie die nicht zu kontrollieren ist. Wenn Aiden Gefahr für Jodie sieht, dann greift er an, und sei es nur der Trainer in der Turnhalle der CIA der uns gerade auf die Bretter geschickt hat. In vielen Situationen dürfen wir selber entscheiden wie Aiden reagiert und ob er helfend eingreift oder für sie Rache ausübt. Einige Schlüsselszenen zeigen den Charakter von Aiden auf, in denen er einfach nicht ablässt von seiner Ausführung und Jodie ihm anfleht aufzuhören. Oder aber sie als kleines Kind noch starr daneben steht und untätig zusieht. Immer wieder sehen wir eine gebeutelte und innerlich gebrochene Jodie, die nicht mehr will, keinen Sinn mehr in ihrem Leben sieht und Aiden bittet sie gehen zu lassen, ihm Vorwürfe macht warum er sie nicht ziehen lässt und Minuten später eine Jodie die nach Aiden ruft und befürchtet er sei nicht mehr da. Sie kann nicht ohne ihm, sie kann nicht mit ihm, sie ist in einer Zwickmühle deren Ausgang wir an dieser Stelle nicht verraten werden.

Auch wenn es viele Momente gibt in denen Jodie und Aiden wie Geschwister zusammen halten, so hat man doch immer wieder den Eindruck, dass es ihr ohne Aiden besser gehen würde. Wobei daran der Spieler an sich auch nicht unschuldig ist, denn er bestimmt sehr oft was Aiden eigentlich macht, ob er hilft, ob er den Jugendlichen einen kleinen Schrecken einjagt, oder ob er einfach nicht mehr von Ihnen ablässt und sie jagt, ihnen Gegenstände an den Kopf wirft oder noch schlimmer – sie bewusstlos zurück lässt. Doch auch wenn Jodie ihm immer wieder als unberechenbares Monster beschreibt, so ist es doch eine Seele die auf Jodie aufpasst, also einen natürlichen Beschützerinstinkt zu haben scheint, sie spricht immer wieder mit ihm, auch wenn er nur indirekt mit seinen Aktionen antwortet.

Die Steuerung von Jodie ist sehr innovativ und ohne Zweifel eine Weiterentwicklung von Heavy Rain, auch wenn wir diesmal noch weniger Bildschirm-Einblendungen zu sehen bekommen und sehr oft einfach Instinktiv reagieren müssen und Jodie in einer Zeitlupen-Szene in die richtige Richtung steuern sollen, oder mit der richtigen Bewegung einen ordentlichen Fausthieb setzen. Nicht immer ist es sofort ersichtlich was BEYOND: Two Souls in diesen Zeitlupen-Augenblicken von uns möchte, aber auch hier liegt die Spannung und das Flair von BEYOND: Two Souls, denn genau so ist das Leben – nicht alles ist vorhersehbar und erst wenn man bereits über den am Boden liegenden Ast gestolpert ist, weiß man beim nächsten umgefallenen Baum Jodie mit dem Controller in die richtige Richtung zu weisen. Einige Elemente lassen sich ohne Einblendungen, was gerade zu erledigen ist, aber doch nicht lösen. Diese Szenen sind aber allesamt sehr intelligent durchdacht und zeigen eine immense Steigerung zum großen Bruder Heavy Rain.

 

 

Produzent und Autor David Cage hat mit BEYOND: Two Souls nach Heavy Rain einen weiteren Meilenstein geschaffen. Ihm gelingt abermals, dass Spiel mit den Gefühlen des Gamers, ihr werdet Trauer, Enttäuschung, Hoffnung und vor allem Gänsehaut gepaart mit Spannung erleben und fühlen. Über die BEYOND Touch-App aus dem Android Store, können wir sogar die Steuerung von Aiden oder Jodie auf dem Handy oder Tablet übernehmen. Das funktionierte auf meinem Xperia Handy sehr gut und auch die Verbindung zur PlayStation 3 war sehr schnell hergestellt. Wer also keinen zweiten Controller sein Eigen nennt, kann mit einem Android Gerät die Duo-Trophäe holen, oder den Spielverlauf mit einem weiteren Spieler zusammen verfolgen. Mit BEYOND: Two Souls hat QuanticDream keinen Heavy Rain-Klon präsentiert, sondern einen Mistery Thriller deren unterschiedliche Spielweise immer wieder für Überraschungen und vor allem für andere Ausgänge sorgt. So können wir zum Beispiel bei der Fluchtfahrt aus dem Wald, auf die Hilfe von Aiden zurückgreifen der uns gefahrlos durch eine Straßensperre brettern lässt, nur um dann im Anschluss in einer kleinen Stadt zu landen in der wir mit Aidens Hilfe einfach mal so einen Helikopter zum Absturz bringen können. Wenn wir aber auf die Straßensperre zufahren und Aidens Hilfe nicht durchführen, so wird Jodie gefangen genommen und muss sich nun aus einem gepanzertem Gefangenentransporter befreien, der dann mitten im Wald liegen bleibt. Der Spielverlauf ist also mit jedem neuen Anfang ein anderer, wenn wir uns nicht immer auf die selben Pfade begeben, oder einfach einige Sachen geschehen lassen anstatt einzugreifen. Die Emotionen die wir in voller Grafikpracht präsentiert bekommen sind im wahrsten Sinne des Wortes Atemberaubend. Auch wenn wir das gerne als würdigen Abschluss der PlayStation 3 Ära feiern würden, bleibt die kleine Hoffnung nach Gerüchten und Worten von David Cage, dass BEYOND: Two Souls sich auch auf der baldig erscheinenden PlayStation 4 blicken lassen könnte und hinzu kommt, dass Sony Computer Entertainment der PlayStation 3 noch einiges an Spielen bescheren wird. Mit BEYOND: Two Souls ist für alle, die Spiele mit Gänsehaut-Faktor und vor allem Gefühl lieben, ein grandioses und künstlerischste Meisterwerk für das PlayStation 3-System erschienen und sollte in wirklich keiner Sammlung fehlen!


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Autor: Davis Schrapel

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